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Blick in die Black Box

Institut NOWUM-Energy präsentiert Ergebnisse des Forschungsprojekts „MiProBa“ beim Biogas-Innovationskongress 2013

Manch einer stellt sich eine Biogasanlage wie einen großen Kompost vor: Von Gülle bis Grünschnitt wandelt sie jedes beliebige Substrat in Biogas um. Was gerade auf dem Bauernhof anfällt oder günstig angeliefert werden kann, wird zur umweltverträglichen Stromerzeugung genutzt. Dieses Bild ist verlockend einfach, aber falsch. „Die mikrobiologischen Prozesse in Biogasanlagen sind hoch sensibel“, betont Katharina Kasper, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut NOWUM-Energy des Fachbereichs Energietechnik der FH Aachen. „Der Abbauprozess, der unter Sauerstoffausschluss stattfindet, ist sehr komplex und wird von einer Vielzahl unterschiedlicher Mikroorganismen durchgeführt. Im Vergärungsprozess macht es deshalb einen großen Unterschied, ob ich Gülle oder Mais in die Biogasanlage gebe.“ Auch Veränderungen der Temperatur können immense Folgen haben. „Viele Anlagenbetreiber wissen das nicht“, erklärt die 25-jährige Forscherin weiter. „Sie wundern sich dann, dass der Prozess gestört ist und die Gasproduktion einbricht. Im schlimmsten Fall kommt der Vergärungsprozess völlig zum Erliegen.“

Doch welches Biogas-Potential steckt im jeweiligen Substrat? Und wie genau läuft der mikrobiologische Vergärungsprozess im Inneren einer Biogasanlage ab? Kurz gefragt: Was passiert in der Black Box Biogasanlage? Mit diesem grundlegenden Forschungsansatz bereitet das Institut NOWUM-Energy den Boden für weitere wissenschaftliche Arbeiten. Gleichzeitig ist es der Schlüssel zu einer optimierten Befeuerung von Biogasanlagen.

Nachwuchsforscherin beim "Biogas-Innovationskongress 2013"

Die Ergebnisse des von 2010 bis 2012 durchgeführten Projekts mit dem Titel „MiProBa – Mikrobielle Prozessentschlüsselung der Biogasbildung mittels Batchversuchen an verschiedensten Substraten“ hat Katharina Kasper nun für das Institut NOWUM-Energy der Öffentlichkeit vorgestellt. Beim „Biogas-Innovationskongress 2013“ vom 23. bis 24. Mai 2013 in Osnabrück hielt sie einen Vortrag vor Landwirten, Wissenschaftlern sowie Vertretern aus Politik und Fachmedien. „Wir haben verschiedene Animpfmaterialien im Zusammenspiel mit unterschiedlichen Substraten verglichen“, fasst die NOWUM-Forscherin die Ergebnisse zusammen, „darunter insbesondere Mais und Gülle.“ Diese Animpfmaterialien sind Gärreste, die die mikrobiologischen Prozesse in der Biogasanlage sozusagen zum Laufen bringen. „Dabei zeigten sich schon bei recht ähnlich erscheinenden Substraten wie Maiskörnern und Maisblättern deutliche Unterschiede in der Gasausbeute“, erklärt Kasper weiter. „Substrat und Animpfmaterial müssen perfekt zusammen passen. In einer Anlage mit Gülle als Animpfmaterial werden Maiskörner als Substrate nur schlecht vergoren. Erstaunlicher Weise erzielen wir dort mit Maisblättern aber gute Ergebnisse.“

Die Forscher vermuten, dass diese eklatanten Unterschiede durch die jeweiligen mikrobiologischen Gegebenheiten in den Fermentern entstehen. Um das Zusammenspiel der Mikroorganismen zu verstehen und abbilden zu können, haben die NOWUM-Forscher auch die Gendatenbanken der beiden Animpfmaterialien aufgenommen und Methoden etabliert, mit deren Hilfe sich die wichtigsten Organismen im Fermenter quantitativ nachweisen ließen.

MiProBa: Zukunftsweisendes Forschungsprojekt

Die gesammelten Ergebnisse bieten den Wissenschaftlern einen ersten Einblick in die „Black Box“ des Biogasprozesses. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen soll jetzt weitere Forschung betrieben werden. „Vielleicht gelingt es uns in der näheren Zukunft, einen Schnelltest für die Mikrobiologie zu entwickeln, der uns hilft, etwas über den aktuellen Status im Inneren der Biogasanlage auszusagen“, resümiert Kasper. „Außerdem möchten wir den Biogasprozess individuell im Hinblick auf die Mikroflora optimieren.“ Ihre Kollegin Dr. Simone Groebel, Gruppenleiterin und ebenfalls Nachwuchswissenschaftlerin am Institut NOWUM-Energy, ergänzt: „Unser Ziel bleibt die Erforschung des Biogasbildungsprozesses. Denn durch seine verhältnismäßig einfache Speicherbarkeit in Form von Biomethan wird es auch zukünftig eine zentrale Rolle bei der Energiewende spielen. Davon sind wir am Institut NOWUM-Energy überzeugt.“

Leiterin des Instituts NOWUM-Energy ist Prof. Dr.-Ing. Isabel Kuperjans. Das Forschungsprojekt „MiProBa“ wurde 2010 unter dem damaligen Institutsleiter Prof. Dr.-Ing. Klaus Dielmann initiiert und erfolgreich vorangetrieben. Gefördert wurde „MiProBa“ vom Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen (Förderkennzeichen: 005-1007-0053). Das Institut NOWUM-Energy arbeitete dabei eng mit Prof. Dr. Thorsten Selmer zusammen, Professor am Fachbereich Chemie und Biotechnologie sowie Mitglied des Instituts für Nano- und Biotechnologien (INB) der FH Aachen. Zum Gelingen des Projekts „MiProBa“ haben außerdem Dr. Simone Groebel und Dipl.-Ing. Christine Küppers beigetragen. Außerdem wurden studentische Abschlussarbeiten im Rahmen des Projektes erstellt.