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Ein Kompliment an die FH Aachen

Interview mit Dekan Prof. Dr. Volker Sander zum neuen Masterstudiengang

» Wie ist die Idee entstanden, gemeinsam mit dem Fachbereich Energietechnik einen Masterstudiengang anzubieten?

So wie viele gute Ideen entstehen: Aus einem konkreten Bedürfnis heraus. Viele Unternehmen suchen händeringend nach IT-Fachleuten, die nicht nur technisch hervorragend qualifiziert sind, sondern auch wirtschaftliche Prozesse beherrschen. In unserem Falle ist es die Energiewirtschaft: Wir stehen gerade erst am Anfang der Energiewende. Für mich ist das eine der größten gesellschaftspolitischen Aufgaben der Gegenwart. Auf diese Herausforderung müssen wir den Nachwuchs fachlich vorbereiten. Und genau darauf ist das Kompetenzprofil unseres neuen Masterstudiengangs zugeschnitten.


» Wie sieht die Zusammenarbeit der beiden Fachbereiche aus?

Der Fachbereich Energietechnik deckt zwei Drittel des Lehrangebots ab, der Fachbereich Medizintechnik und Technomathematik steuert ein Drittel bei. Bei uns erwerben die Studierenden das Know-how aus den Bereichen Informatik und Mathematik, im Fachbereich Energietechnik eignen sie sich Expertenwissen in der Energietechnik und Energiewirtschaft an. Zwischen beiden Fachbereichen herrscht ein stetiger Austausch – und die Wege am Campus Jülich sind kurz!


» Welche Lehrinhalte erwarten die Studierenden am Fachbereich 9?

Wir wenden Informatik auf komplexe Märkte wie die Energiebranche an. Dafür brauchen wir zum Beispiel Prognoseverfahren für die Entwicklung von Märkten. Wir müssen in der Lage sein, verteilt vorliegende Daten zu vernetzen und Wissen daraus abzuleiten. Hinzu kommen vertiefende mathematische Kenntnisse, vor allem in der Stochastik und Statistik. Übrigens passen der neue Master Energiewirtschafts-Informatik und unser bereits bestehender Masterstudiengang Technomathematik hervorragend zusammen, trotz der unterschiedlichen Ausprägungen. Gemeinsame Vorlesungen werden zum Beispiel Zeitreihenanalysen und Prognoseverfahren sein. Die Technomathematiker können in Zukunft alle Lehrveranstaltungen des neuen Studiengangs besuchen und profitieren so vom zusätzlichen Know-how.

» Für wen ist der neue Masterstudiengang interessant?

Grundsätzlich ist der Studiengang für jeden Absolventen mit ausgeprägten Kompetenzen in der Informatik interessant. Wer den dualen Studiengang Scientific Programming abgeschlossen hat, findet nun eine weitere interessante Alternative zum Technomathematikmaster, in dem sich die wissenschaftliche Qualifikation auch im Zusammenhang mit einer Teilzeitbeschäftigung schon bewährt hat. Studierende der Energiewirtschafts-Informatik erwerben ein einzigartiges Kompetenzspektrum, das sie im Unternehmen zu gefragten Fachleuten macht. Wie ich anfangs sagte, ist der Bedarf nach solchen Absolventen in der Wirtschaft ungeheuer hoch. Die Energiebranche ist im Umbruch – jetzt ist die Gelegenheit, Dinge zu verändern und zu bewegen! Wer Informatik studiert hat und über fundierte Mathekenntnisse verfügt, kann den neuen Master studieren. Auch für Bachelorabsolventen der Elektrotechnik ergeben sich neue Chancen: Wer eine hohe Affinität zur Informatik und zur Energietechnik hat, kann beides kombinieren.

» Wie bringen Sie die Bachelorabsolventen auf einen Wissensstand?

Auch hier ergänzen sich beide Fachbereiche perfekt. Der Fachbereich Energietechnik macht Informatiker in der Messtechnik und im Bereich „Model Based Control Systems“ fit. Die Studierenden belegen dann im ersten Semester die entsprechenden Anpassungsmodule. Im Gegenzug heben wir die Elektrotechniker in den Bereichen Informatik und Mathematik auf das geforderte Niveau.


» Für den neuen Masterstudiengang soll im Fachbereich Energietechnik eine Stiftungsprofessur eingerichtet werden. Inwieweit profitiert davon auch der Fachbereich 9?

Die geplante Stiftungsprofessur ist ein Kompliment an die FH Aachen: Die Qualität der Lehre ist so gut, dass die Industrie sie finanziell und ideell unterstützen möchte. Beide Fachbereiche werden vom Wissens- und Kompetenzzuwachs deutlich profitieren. Über die Stiftung können wir ein Netzwerk aufbauen, das langfristig auch Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich der Energieinformatik möglich macht. Für Studierende liegt der Vorteil auf der Hand: Die Stiftungsprofessur ist für sie eine goldene Brücke in die Wirtschaft. Mit dem Energiemaster stärken wir die Region Aachen und den Standort Jülich – und davon profitieren wir alle.

» Ein Blick in die Zukunft – könnten Sie sich prinzipiell weitere Partnerschaften mit Fachbereichen der FH Aachen vorstellen?

Aber ja! Der Fachbereich ist grundsätzlich für Kooperationen offen. Im dualen Studiengang Physiotherapie arbeiten wir ja sehr erfolgreich mit der RWTH Aachen zusammen. Und auf die weitere Zusammenarbeit mit dem Fachbereich Energietechnik freue ich mich sehr. Das Problem bei neuen Kooperationen sind die Kapazitäten: Unser Fachbereich ist sehr dynamisch und drittmittelstark. Wir haben einen hohen Qualitätsanspruch, und der bindet natürlich Kapazitäten. Gut ist es, wenn wie im Falle des Energiewirtschafts-Informatikers starke Partner aus der Wirtschaft dahinterstehen. Viele Ausbildungsunternehmen für den dualen Studiengang Scientific Programming unterstützen auch den neuen Master Energieinformatik. Das ist eine gute Basis, die noch durch die Möglichkeit der Vernetzung mit einem existierenden Studiengang – hier mit dem Master Technomathematik – verstärkt wird. Ich persönlich könnte mir vorstellen, dass der Bereich der Finanzmathematik gemeinsam mit der Finanzwirtschaft und dem Fachbereich Wirtschaftswissenschaften durchaus Kooperationspotential besitzt. Auch die Gesundheitswissenschaften könnten durch Kooperationen mit dem Fachbereich Maschinenbau große Synergien erzeugen.


» Wie wichtig ist es, als Hochschule auf Bedürfnisse aus der Wirtschaft zu reagieren?

Kurzfristige Trends sollte man immer aufmerksam zur Kenntnis nehmen, aber nur langfristige Entwicklungen am Arbeitsmarkt haben Einfluss auf das Studienangebot. Mit den Wahlpflichtfächern haben wir ein sehr flexibles Instrument zur Hand, um den Studierenden aktuelle Trends aus der Wirtschaft nahezubringen – aber eben nur auf Wunsch. Das reguläre Studium wird davon nicht tangiert. Bei einem neuen Studiengang gelten langfristige Entwicklungen in der Wirtschaft als Richtschnur. Für den Masterstudiengang Energiewirtschafts-Informatik haben die Unternehmen einen immens hohen Bedarf angemeldet, der im Zuge der Umwälzungen in der Energiebranche noch deutlich steigen wird. Informatiker mit energietechnischem Fachwissen sind rar, wir bieten jungen Leuten das passende Studienangebot dazu.