Erfahrungsbericht Crisp Studio
Leo Bernard, Daniel Wirtz und René Nauheimer (MCD Absolventen 2018), Gründer von Crisp Studio GmbH, einem Start-Up, das Design Sprints plant und durchführt, um Unternehmen zu helfen innovativ zu handeln.
1. Erzählt uns etwas über euren Werdegang, vom Schulabschluss bis hin zum beruflichen Einstieg.
Daniel: Nach dem Abitur habe ich in Aachen angefangen Umweltingenieurwissenschaften zu studieren, einen völlig anderen Studiengang als MCD. Ich habe aber schnell gemerkt, dass ich mich dort nicht wohlgefühlt habe. Meine kreative Ader kam zu kurz und der Lehrstil hat mir nicht ganz gefallen. Mit dem Wechsel zur FH hatte ich die Hoffnung, dass es anders wird: Vor allem die Kombination aus dem kreativen und praxisnahen Studium und der Möglichkeit, sich in der Freizeit noch anderen Projekten zu widmen hat mich am MCD Studium gereizt. Während des Studiums haben wir uns dann gefunden und hatten die Idee, unsere Fähigkeiten alle in einen Topf zu werfen. Dadurch ist die Firma dann entstanden.
2. Warum habt ihr euch damals für das Studium an der FH Aachen entschieden?
Leo: Ich habe mir verschiedene Studiengänge herausgesucht und fand die Kombination aus Gestaltung, dem Medienbereich und Technik im Rahmen des MCD Studiums besonders ansprechend. Außerdem haben mich der Praxisbezug und die Möglichkeit, nebenbei eigene Projekte zu verfolgen, überzeugt.
René: Ich hatte schon immer ein digitales Interesse. Daraufhin habe ich geschaut, was man an staatlichen Hochschulen machen kann und mir ist MCD ins Auge gesprungen.
Daniel: Im Gegensatz zu technischen Hochschulen war hier nicht alles auf ein Fach ausgerichtet, sondern es werden verschiedene Themenfelder angeboten. Das heißt, es gibt unheimlich viele Menschen mit unterschiedlichen Interessen und Hintergründen. Außerdem fand ich den Gedanken spannend, hinterher an der Schnittstelle der drei Bereiche zu arbeiten.
3. Ihr habt 2016 das Unternehmen Crisp Studio GmbH gegründet. Worum genau geht es bei eurer Arbeit?
Daniel: In einem Satz: Wir bieten Innovationsworkshops an, um Unternehmen dabei zu helfen, Innovationen zu gestalten und bei der digitalen Transformation zu begleiten. Wir haben aber ursprünglich als Medienagentur angefangen: Dabei standen Filmproduktion und Webseitenerstellung im Fokus.
Leo: Dann haben wir uns letzten November nochmal zusammengesetzt und überlegt, ob es wirklich das ist, was wir die nächsten Jahre machen wollen. Medienagenturen gibt es wie Sand am Meer.
4. Crisp Studio setzt sich mit Design Sprints auseinander. Wie kann man die Idee, die dahinter steht beschreiben?
René: Da der Markt von Medienagenturen ziemlich gesättigt ist, mussten wir uns spezialisieren. Da ist uns dann der Design Sprint begegnet. Dies ist eigentlich ein Buch von Jake Knapp, der früher Designer bei Google Ventures war. Es geht um eine Methode, in der man es schafft, Ideen in möglichst kurzer Zeit zu testen, bevor man sie entwickelt. Das Testen bezieht sich dann darauf, wie die Idee bei den Nutzern ankommt. Der Design Sprint ist ein Format von einer Woche, in der eine Kombination aus Workshop, Prototyping und den Nutzertests, durchgeführt werden. Grundsätzlich setzt man sich dann fünf Tage intensiv zusammen. Man arbeitet sich durch einen festen Schritt-für-Schritt Prozess: Es geht um eine Herausforderung, mit der das Unternehmen gerade konfrontiert ist. Daraus entwickelt man einen Prototyp, der für den Nutzer dann zum Beispiel aussehen kann wie eine ganz normale App auf dem Handy. Der Code dahinter ist aber noch nicht aufwendig programmiert. Nur das nötigste funktioniert. Am letzten Tag werden dann fünf Nutzer aus der Zielgruppe eingeladen, um zu analysieren und zu testen.
5. Wie sieht ein typischer Tagesablauf in eurem Start-Up aus?
Leo: Unser Tagesablauf ist relativ geregelt. Wir arbeiten jeden Tag von 9:30 Uhr bis 17:30 Uhr im digitalHub, einem Coworking Space. Von da aus pflegen wir Kontakte, organisieren die nächsten Sprints oder bereiten Sprints nach.
6. Habt ihr von Null beginnen müssen oder haben die gelernten Inhalte/Methoden aus dem Studium beim Berufseinstieg geholfen? Wenn ja, welche?
Daniel: Die Inhalte aber auch der Kontakt zu den Professoren waren sehr hilfreich. Man muss beim Gründen sehr viele Themen bedienen. Von Marketing über Rechnungswesen, dem Produkt selbst… Für all diese Themenbereiche haben wir aus dem Studium etwas mitgenommen. Der Studiengang MCD hat sich sehr dafür geeignet, ein eigenes Unternehmen zu gründen.
René: Außerdem hätten wir uns ja ohne das Studium auch gar nicht kennengelernt.
7. Was muss man beim Gründen beachten? Gibt es Dinge, die ihr vorher gerne gewusst hättet?
Daniel: Das steht zwar überall, aber man muss einfach anfangen, denn man wird nie genug Wissen oder Erfahrung haben. Viele Dinge sind gar nicht so kompliziert, wie man sie sich vorstellt. Das ist zwar ein Mantra, was total kitschig klingt, aber es ist wahr. Einfach den Mut zusammennehmen und die Dinge, die man gut kann, verkaufen. Dadurch, dass man den Druck von außen hat, da ja ein professionelles Ergebnis erwartet wird, haben wir dann auch etwas Professionelles abgeliefert. Das hat uns dann Stück für Stück weitergebracht. Selbst wenn man mal etwas in den Sand setzt. Solange man nicht Millionen investiert, kann man damit leben. Das ist ein Risiko, was man mal eingehen kann: Aus Fehlern lernt man.
Leo: Vor allem im Dienstleistungsbereich sollte man darauf achten, dass man sich, auch wenn man neu in der Branche ist, nicht unter Wert verkauft!
René: Ausdauer ist auch ein wichtiger Faktor, den man nicht unterschätzen sollte. Am Anfang hat man eine Idee und man entwickelt diese weiter. Aber über einen längeren Zeitraum eine Idee zu verfolgen, auch wenn sich diese verändert, kann sehr wichtig sein. Außerdem sollte man sich nicht von der Konkurrenz abschrecken lassen.
Daniel: Hilfreich ist jedenfalls, in das Gründungsnetzwerk der Stadt oder der Region einzutauchen.
8. Um ein Unternehmen zu gründen braucht man unter anderem Startkapital. Wie seid ihr an das nötige Startkapital gekommen? Gab es Ängste/Bedenken?
René: Wir haben mit 50 € pro Person gestartet. Also 250 € Gründungskapital (Wir waren anfangs zu fünft). Es kommt natürlich aufs Gewerbe an. Beim Agenturgeschäft und bei digitalen Produkten geht es vielmehr um die Ressource Zeit. Das ist die Hauptinvestition, die man dann hat.
Lange war Gehalt gar kein Thema, sondern Zeit hat als Währung am meisten gezählt. Irgendwann haben wir uns dann ein bisschen was an Gehalt ausgezahlt aber das war immer eher vorsichtig und nicht die Priorität.
9. Wo seht ihr euch in 5 Jahren?
Daniel: Wir sind auf jeden Fall noch auf der Reise, das Unternehmen aufzubauen. Das ist auch eine Sache, die immer bleiben wird. Wir sind drauf und dran, das Unternehmen so zu führen, dass es uns maximal im eigenen Leben unterstützt. Das bezieht sich zum einen auf ein Gehalt. Zum anderen darauf, dass das Unternehmen nicht unsere gesamte Zeit aufbraucht, z.B. dass nachts oder am Wochenende auch Zeit zum Abschalten bleibt. Wenn man jetzt mal fünf oder zehn Jahre vorausdenkt und sich das Leben ein wenig gefestigt hat, wollen wir ein Geschäftsmodell finden, in welchem alle zufrieden gestellt sind, in dem aber auch die Finanzen stimmen. Zukünftig wollen wir noch ein paar Leute einstellen, die dann wichtige Positionen einnehmen, die elementar für das Wachstum der Firma sind. Dass wir größere Kunden an Land ziehen, die dementsprechend auch größere Projekte mitbringen, die uns noch mehr Spaß machen und mehr Umsatz generieren. Das hat auch einen positiven Effekt auf die Firma. Ich stelle mir in fünf Jahren vor, dass wir immer noch klein sind, vielleicht mit sechs bis acht Leuten, aber schon ein Mehrfaches von dem an Umsatz machen, was wir jetzt machen. Wichtig finde ich, das Gefühl zu haben, dass es für die nächsten vier bis fünf Jahre so funktioniert.
René: Das würde ich so unterschreiben. Ich glaube, viele neigen auch dazu sich sehr starke Ziele zu setzen. Wichtig ist, nach vorne zu gucken, aber das Ganze mit Ruhe und Zufriedenheit zu tun. Das Unternehmen sollte so als System funktionieren, dass jeder EINE Rolle hat und man auch mal in den Urlaub fahren kann, das ist ja für viele Selbstständige nicht selbstverständlich.
10. Wie läuft die Koordination unter euch ab? Gibt es eine klassische Aufgabenverteilung?
René: Wir haben eine sehr klassische Aufgabenverteilung. Wir agieren nach verschiedenen Bereichen. Grundsätzlich haben wir 2 Phasen: Wenn der Kunde da ist, also im Sprint, und den allgemeine Geschäftsbetrieb. Bei Sprints moderiere ich den Workshop, Daniel macht das Prototyping und Leo ist für die Entwicklung zuständig. Bezogen auf den allgemeinen Geschäftsbetrieb übernimmt Daniel bei uns die Geschäftsführung, ich übernehme die komplette Seite des Kunden und Leo ist in den Entwicklungsphasen der Lead für die Projekte.
Leo: Nachdem wir den Geschäftsbereich ein wenig verändert hatten, haben wir noch alte Kunden für die wir immer noch Webarbeit machen. Diese Projekte wollen wir noch abschließen und das ist auch mein Aufgabenbereich.
11. Bestand das Team am Anfang nur aus euch? Wie sieht es heute aus?
Daniel: Am Anfang waren wir zu fünft. Da waren noch zwei aus dem Studium dabei, die sich aber gegen Ende des Studiums in die Bereiche Fotografie und Videoproduktion vertiefen wollten. Wir haben für uns erkannt, dass solche Produktionen sehr aufwendig und stressig sind und die Marge verhältnismäßig gering ist. Es hat sich also auf natürlichem Wege auseinanderentwickelt. Danach waren wir kurze Zeit zu dritt und jetzt haben wir noch eine vierte Mitarbeiterin.
12. Was waren die größten Rückschläge/Erfolge die ihr auf eurem Gründungsweg einstecken musstet?
Daniel: Die Berührung mit einer Firma, bei der zwei Leute als Keynote Speaker unterwegs waren und im Bereich Service ein E-learning Portal aufsetzen wollten. Dafür benötigten sie Videoaufnahmen. Das haben wir dann komplett mit ihnen umgesetzt. Das war noch während des Studiums und darauf sind wir dann dementsprechend besonders stolz. Es hat uns an unsere Grenzen gebracht und uns viel gelehrt. Bei dem Projekt haben wir auch gemerkt, dass wir intern besser planen müssen: In Bezug auf Arbeitspensum, eigenen Wert, Zeitmanagement und Preisfestsetzung.
Leo: Aber selbst wenn mal etwas schiefläuft, solange man es mit den Kunden kommuniziert und wieder gut macht, ist das auch in Ordnung.
13. Zu euren Kunden zählen unter anderem Mister Spex, das digitalHub oder Babor. Wie habt ihr es geschafft, euch diesen Kundenstamm aufzubauen? Wie erzielt ihr die Kundenbindung?
Daniel: Der Kontakt zu Mister Spex kam durch das Netzwerk der FH. Das war super hilfreich für uns. Aber auf diesem Gebiet müssen wir noch am meisten lernen: Uns fällt es wesentlich leichter, einen Design Sprint umzusetzen, als ihn dann an Leute zu bringen. Das was wir jetzt machen ist sehr nischenlastig. Deswegen müssen wir herausfinden, wie wir die richtigen Firmen erreichen. Über Events läuft es bis jetzt am besten. Diese nutzen wir um Kontakte zu knüpfen und Kunden langfristig zu binden. Ansonsten sind wir recht aktiv auf Social Media, denn hier können wir gut zeigen was wir machen.
René: Je länger man mit einem Kunden arbeitet, desto mehr gewöhnt man sich auch aneinander und es gibt Dinge, die komfortabler werden. Unsere Sprints sind kompakt und zeitlich gebunden, von daher herrscht ein gewisser Druck: Wir müssen immer das Maximum an Wert liefern.
14. Welchen Rat/Tipps könnt ihr MCD’lern mitgeben, die auch gründen möchten?
Daniel: Auf jeden Fall ein offenes Ohr behalten für Leute, die ebenfalls vorhaben zu gründen. Wir sind anfangs beispielsweise zu einem Gründerevent gegangen. Aktiv Professoren ansprechen und Hilfe erfragen ist außerdem sehr hilfreich. Hier gibt es ja auch einige Professoren, die einerseits den Draht zur Wirtschaft haben aber sich andererseits auch zum Thema Gründen sehr gut auskennen. Z.B. hat Martin Wolf auch selbst gegründet.
René: Die Professoren sind auch super hilfsbereit. Man merkt, dass sie einen wirklich unterstützen wollen.
Daniel: Ich würde auch raten, neben der Vorlesung mal selber schauen was so cool ist und selber zu schauen, worauf man Lust hat.
Leo: Man sollte die freie Zeit gut nutzen. Auch wenn noch kein Geld dabei herumspringt, wenn ein Projekt interessant ist, sollte man dranbleiben.
René: Wenn man was von Professoren bekommt, auch mal weitergehen und über den Tellerrand hinausschauen. Ich weiß noch, dass wir z.B. von Herrn Motullo Havard Business Cases bekommen haben und ich fand das total interessant. Ein bisschen recherchieren, was z.B. Uber so macht und ein wenig über die Hintergründe herausfinden macht auf jeden Fall Sinn.
Daniel: Je früher man sich mit dem Thema Gründen auseinandersetzt, desto einfacher ist es. Das ist ein bisschen so als würde man in Finanzen investieren. Man hat eine Art Compounteffekt: D.h. je früher man beginnt, desto einfacher ist es. Das ist eher eine kontinuierliche Sache. In den ersten Semestern ist man vielleicht auch noch ungebundener: Man wird vielleicht noch eine längere Zeit von den Eltern unterstützt und hat Zeit, etwas auszuprobieren. In der Umgebung kann man sehr gut experimentieren, lernen und gründen. In jungem Alter ist es nicht so schlimm, zu scheitern.