Erfahrungsbericht Malte Pollmann
Malte Pollmann im Interview
Malte Pollmann, Chief Strategy Officer bei Utimaco
1. Erzählen Sie uns von Ihren beruflichen Werdegängen. Wie sind Sie zu Utimaco gekommen?
Nach Physikstudium und einigen Jahren im Ausland bei einem internationalen Internet- und Medienkonzern hat es mich zurück in meine Geburtsstadt Aachen geschlagen. 2005 war Verschlüsselung noch ein Thema für Experten, heute ist die Wichtigkeit in allen Mainstream-Medien und unseren täglichen Überlegungen zu Datensicherheit voll angekommen.
2. Herr Pollmann, seit diesem Jahr sind Sie Chief Strategy Officer bei Utimaco. Was genau gehört in dieser Position zu Ihrem Aufgabenbereich?
Die Digitalisierung treibt viele Bereiche enorm an, Utimaco ist hier weltweit als Experte und Marktführer für Hochsicherheit und Vertrauensschutz anerkannt, aber es gibt so viele mögliche Aktionsfelder, dass wir unsere Forschung und Entwicklung und unsere Wachstumsfelder sorgfältig und strategisch auswählen wollen. Diese Entscheidungen gehören genauso zu meinem Aufgabenbereich wie der Zukauf von Unternehmen sowie die Kooperationen mit Universitäten, Verbänden und Gremien.
3. Beschreiben Sie uns bitte einen typischen Arbeitsablauf!
Den gibt es kaum – jeder Tag ist anders und das macht es enorm spannend. Utimaco hat seine Hauptstandorte in Aachen und dem Silicon Valley, aber Niederlassungen auf der ganzen Welt. Daher kann ein Tag morgens mit Kommunikation mit unseren Büros in Hongkong und Singapur beginnen, sich mit Analysen und Planungen in Aachen fortsetzen und am Abend verhandelt man dann noch über Videokonferenz mit einem Partner in Kalifornien. Doch noch einmal: Den typischen Tag gibt es nicht, dazu ist unsere Branche zu dynamisch.
4. „Utimaco“ wird als internationales, brachenübergreifendes, Unternehmen beschrieben, was sich auf den Vertrieb von Hardware- Sicherheitsmodulen, Lawful Interception und Data Retention Systeme spezialisiert hat.
Könnten Sie noch einmal kurz erklären, was das für Produkte sind?
Gern. Die Utimaco Produkte sitzen überall dort, wo es um hohe Sicherheit und hohen Vertrauensschutz geht. So produzieren wir hochsicherheitszertifizierte Geräte, die den Kern jeder großen Verschlüsselungsinfrastruktur bilden, wie z.B. smarten Energienetzen, der Herstellung und Kontrolle von Pässen oder dem Sicherheitsbackbone internationaler Finanz-Netzwerke. Überall wo Software allein zu unsicher wäre, finden sich Hardware-Sicherheitsmodule, um kritische Daten und Informationen zu schützen. In unserem Geschäftsfeld Telekommunikation sichern die Utimaco Geräte bei Internet Service Providern und Telekommunikationsunternehmen kritische Compliance-Prozesse wie z.B. die rechtlich vorgeschriebene Ausleitung von Daten an Strafverfolgungsbehörden ab, und zwar ebenfalls hochsicher und gegen Manipulationen und Missbrauch abgesichert.
5. Ihre Data Retention Systeme unterstützen die Vorratsdatenspeicherung. Wie Sie vermutlich wissen, ist dies ein stark diskutiertes Thema.
Wie sieht Ihr Unternehmen die ethischen Bedenken und halten Sie sich in diesem Zusammenhang nur an die gesetzlichen Restriktionen oder haben Sie auch firmeninterne Grenzen gesetzt?
Selbstredend halten wir uns an alle nationalen und internationalen Regelungen in diesem Zusammenhang und treffen darüber hinaus in kritischen Fällen weiterreichende restriktive Entscheidungen. Dies im Übrigen nicht nur im Feld Vorratsdatenspeicherung, sondern ebenso im Bereich der Verschlüsselungsprodukte. Bedenken wir, dass jegliche digitale Technologie immer dem Prüfstand des Einsatzzweckes und des Endnutzers standhalten sollte, wir aber auch die legitimen Anliegen des Staates und seiner Sicherheitsbehörden in der digitalen Welt respektieren müssen. Spätestens im Moment, wo wir selbst Opfer digitalen Betruges werden, deuten viele sofort mit dem Finger auf unzureichende Digitalkompetenz bei Polizei und Justiz. Es bleibt Aufgabe von Politik und Zivilgesellschaft, die Rahmenbedingungen sowohl von Datenschutz als auch Datenforensik immer wieder neu zu justieren.
6. Auf Ihrer Website bieten Sie Unternehmen an, auch firmenspezifische Lösungen zu entwickeln. Wie lange dauert ein solcher Prozess und werden häufig spezifische Produktvarianten angefragt?
Utimaco ist vor allem ein Produkt- und Lösungsanbieter, d.h. wir entwickeln entsprechend der Marktbedürfnisse Lösungen, die möglichst viele Kunden einsetzen können. Aber IT ist nicht statisch und jede Kundensituation verdient eine individuelle Würdigung. Daher ist es eine Stärke des Geschäftsmodells von Utimaco, dass wir mit vielen Partnern auf der ganzen Welt eng verbunden sind und sowohl selbst als auch gemeinsam mit diesen Partner unsere Produkte für den jeweiligen Kundenzweck optimieren können.
7. Mit dem Utimaco Partner Programm sollen Kunden mit Implementierungs- und Distributionspartnern zusammengebracht werden. Wie genau funktioniert diese Vermittlung und gibt es schon erste nennenswerte Erfolge, die hierdurch hervorgegangen sind?
Dies funktioniert exzellent und wir haben auf der ganzen Welt viele hundert enge Partnerschaften, die uns als Mittelständler mit „nur 300 Mitarbeitern“ eine enorme internationale Reichweite und Kundennähe ermöglichen.
8. Utimaco hat seinen Hauptsitz in Aachen. Was macht Aachen als Standort für ein Unternehmen mit ihrem Produktangebot attraktiv?
Aachen ist die Wiege der Utimaco, hier ist das Unternehmen zunächst unter dem Namen Kryptokom entstanden und daher stehen wir ganz eindeutig, trotz unseren starken internationalen Wachstums, zu Aachen als Hauptsitz. Aachen hat aber gerade durch seine hohe Internationalität, Weltoffenheit und vor allem die exzellenten Universitäten für uns eine hohe Bedeutung, um hier exzellent ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden.
9. Was genau macht Utimaco als Arbeitgeber attraktiv?
Cybersicherheit ist sicherlich einer der spannendsten Bereiche aktuell, weil es unser tägliches digitales Leben so allumfassend betrifft - aber
konkret haben Mitarbeiter bei Utimaco die Chance, nicht nur bei einem typischen „hidden Champion“ – also Weltmarktführer in Deutschland zu arbeiten, sondern vor allem bei einem tatsächlich sehr international Unternehmen, in dem man sofort mit Kollegen und Kunden in aller Welt in Berührung kommt.
10. Welche Kompetenzen müssen Studierende mitbringen, wenn Sie sich bei Ihnen bewerben möchten?
Neugier und Lernbereitschaft, Lust an Internationalität und Interesse für das Thema IT-Security. Ein wenig Spaß daran, ein „white hacker“ zu sein, kann nicht schaden.
11. Welchen Rat können Sie zukünftigen / aktuellen Studierenden (der FH Aachen) mitgeben?
Versuchen Sie die Themen, die Sie interessieren und studieren, in der Tiefe zu durchdringen. Spaß an der Lösung knackiger Probleme zu haben, ist ein exzellentes Training für das Berufsleben später. Der aktuelle Hype um das Investieren in „Deep Tech“ in den USA heißt doch schlussendlich nur, dass langfristige Wertschöpfung eher durch tieftechnische Kompetenz entsteht als nur die nächste Konsumenten-App.