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» Eine saubere Sache

Vom Bund gefördertes Forschungsprojekt „Optiox“ optimiert Verfahren zur Rauchgasentschwefelung und spart Kosten beim Anlagenbau

Riesige Industrieanlagen, aus deren Schornsteinen schadstoffhaltiger Rauch quillt: In Zeiten der Energiewende haben fossil befeuerte Kraftwerke einen schlechten Ruf. Sie gelten als Ursache für den umweltschädlichen „sauren Regen“. Doch dieser Ruf könnte sich bald wandeln. Prof. Dr. Rolf Groß vom Fachbereich Energietechnik der FH Aachen zeichnet ein neues, moderneres Bild von industriellen Großanlagen:
Es sind exakt dimensionierte Kraftwerke, die aus Energieträgern wie Stein- und Braunkohle sowie Erdöl auf umweltschonende Weise Energie gewinnen. „Umweltschutz und fossile Anlagen – das passt zusammen“, erklärt Prof. Groß. „Mehr noch, wir können in Zukunft Millionenbeträge bei den Baukosten neuer Anlagen und beim laufenden Betrieb einsparen.“

Kosten sparen und die Umwelt schützen: Wie das geht, zeigt das Forschungsprojekt „Optiox“. Gemeinsam mit der RWTH Aachen (Lehrstuhl für Wärme- und Stoffübertragung) und dem Fraunhofer Institut für angewandte Materialforschung in Bremen erforschen Prof. Groß und Studierende am Fachbereich Energietechnik eine einzigartige Belüftungsmethode, mit der umweltschädliche Bestandteile von Abwässern aus Rauchgaswäschern hinter Verbrennungsanlagen fossiler Brennstoffe in weitgehend umweltneutrale Substanzen umgewandelt werden können.

Das Forscherteam um Prof. Groß nutzt Seewasser, mit dem das Rauchgas im wahrsten Sinne
„rein gewaschen“ werden kann. Die im Seewasser enthaltenen Karbonate dienen als Absorptionsmedien, die dem Rauchgas das saure Schwefeldioxid entziehen.
Für die „Wäsche“ wird das Seewasser in ein hocheffizientes Belüftungsbecken geleitet, in dem
100 Prozent der umweltschädlichen Schwefelverbindungen des Rauchgases abgebaut werden.

Die Vorteile: Bei Kraftwerken an Küstenstandorten ist Seewasser ohnehin im Kühlkreislauf vorhanden. Außerdem kann die Anlage sehr kompakt und kostensparend gebaut werden, was immense Investitionskosten einspart. Vergleichbare Entschwefelungsmethoden, etwa mit Kalkstein, erfordern den Bau weiterer Nebenanlagen. Diese sind bei der Seewasserentschwefelung nicht nötig, was zusätzlich Betriebskosten spart.

Eine Rechnung, die aufgeht

Es klingt abenteuerlich, dass viele Großanlagen auch heute noch „pi mal Daumen“ gebaut werden. Weil ein geschlossenes rechnerisches Modell bislang nicht existiert, beruhen Planungen oftmals auf Erfahrungswerten und Schätzungen. Die Folge: Es entstehen viel zu große Belüftungskreisläufe – und die Kosten schießen in die Höhe. Was zu vermeiden ist, findet Prof. Groß. „Wir entwickeln zusätzlich Simulationsprogramme und numerische Rechenmodelle, die die Bauplanung in Zukunft absichern.“ Dank einer exakten Konfektionierung der Belüftungssysteme fällt die Investitionssumme deutlich geringer aus.

„Was wir machen, ist Grundlagenforschung“, erklärt Prof. Groß. „Die Ergebnisse lassen sich unmittelbar auf die Klärwerkstechnik übertragen. Die Umweltverträglichkeit und das hohe Sparpotenzial macht unsere Forschung für Unternehmen weltweit interessant.“

Optiox ist ein globales Projekt, das den Markt gewaltig bewegen könnte. Partner aus der Industrie sind der Ratinger Großanlagenbauer Doosan Lenjes GmbH sowie die kleinen und mittelständischen Unternehmen Convitec GmbH und Supratec GmbH. Im Rahmen der Förderlinie „IngenieurNachwuchs“ wird das bis 2015 laufende Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert. Die FH Aachen bietet angehenden Ingenieuren hervorragende Lehr- und Forschungsbedingungen – eine Leistung, die das Bundesministerium mit der Förderung würdigt und unterstützt.