Details

Maßgeschneidert

Gemeinsam forschen die FH Aachen und das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik an der Weiterentwicklung additiver Fertigungsverfahren

Im Labor des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik (ILT) auf dem Campus Melaten zeigt Prof. Dr. Sebastian Bremen, welche Bandbreite die Additive Fertigung hat – sie reicht von einer Kunststoff-Orthese, die Patient:innen etwa nach einem Knochenbruch eine schnellere Heilung ermöglicht, bis zu ganzen Motorblöcken und maßgefertigten Metallgehäusen für Weltraummissionen. "Wir erforschen hier gemeinsam, wie wir diese Produktionsmethoden für den industriellen Einsatz weiterentwickeln können", sagt der FH-Professor, "von dieser Kooperation profitieren beide Seiten."

Kooperation mit Fraunhofer

Das Aachener Zentrum für 3D-Druck ist eine kooperative Forschungsgruppe zwischen dem Fraunhofer ILT und der FH Aachen mit dem Ziel, kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) den Zugang zur gesamten Prozesskette im Bereich Additive Manufacturing (AM) zu eröffnen. Dabei verfolgen die Partner einen anwendungsorientierten Ansatz: "Die Additive Fertigung ist sehr gut geeignet, um flexibel und schnell auf neue Bauteilanforderungen in der Praxis reagieren zu können", erklärt Sebastian Bremen. Vereinfacht gesagt, werden bei diesen Verfahren Laserstrahlen genutzt, um ein Ausgangsmaterial – Metall oder Kunststoff – aufzuschmelzen. Auf diese Weise lassen sich einzelne Werkstücke mit einem hohen geometrischen Freiheitsgrad konstruieren und schichtweise bauen, ideal geeignet etwa für den Einsatz im Prototypenbau und für die Herstellung von funktionsintegrierten Bauteilen in der Medizintechnik oder in der Luft- und Raumfahrt.

Gesamte Prozesskette ist digital

"Natürlich kann man Kunststoffteile auch im Spritzgussverfahren herstellen, aber das lohnt sich erst ab einer gewissen Stückzahl", sagt der Wissenschaftler. Ähnliches gelte im Metallbereich für das CNC-Fräsen. Ein weiterer Vorteil: "Bei den AM-Methoden ist die gesamte Prozesskette digital", betont er, durch den geringen Personal- und Materialeinsatz biete sich das Verfahren für KMU an. Das aber erfordere eine hohe Innovationsbereitschaft und hohe Aufgeschlossenheit bei den Unternehmen. "Wir arbeiten gemeinsam mit regionalen Partnern im Rahmen der Laserregion Aachen daran, den Wissenstransfer in die Unternehmen zu schaffen." Zudem sollen Module zum Thema Additive Fertigung in die Aus- und Weiterbildung integriert werden. Die enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft trägt Früchte, so sind am Fraunhofer ILT in den letzten 15 Jahren bereits mehr als 30 Ausgründungen entstanden, die wiederum ihre Expertise in die Netzwerkarbeit der Laserregion Aachen einfließen lassen.

 

Einbindung in die Lehre

Auch in den Studiengängen des Fachbereichs Maschinenbau und Mechatronik spielt der Bereich eine immer wichtigere Rolle. "Einige Studierende arbeiten als Hiwis oder wissenschaftliche Mitarbeitende in der kooperativen Forschungsgruppe auf dem Campus Melaten", sagt Prof. Bremen. Neben dem ILT sind im Gebäude an der Steinbachstraße auch die RWTH-Einrichtungen TOS (Technische Optische Systeme) und LLT (Lehrstuhl für Lasertechnik) untergebracht. Einige Studierende schreiben auch ihre Abschlussarbeiten hier, zudem gibt es Möglichkeiten für gemeinsam durchgeführte Promotionsvorhaben.

Breiter industrieller Einsatz

Ein zentraler Punkt der Arbeit im Aachener Zentrum für 3D-Druck ist die Weiterentwicklung und industrielle Verbreitung der Technologie. Dazu ist es notwendig, das verarbeitbare Werkstoffspektrum zu vergrößern, damit Unternehmen ihre Produkte aus dem gewünschten Werkstoff mit verbesserter Funktionalität herstellen können. So sollen künftig thermoplastische Polyurethane eingesetzt werden, die sehr weich sind. Sie erlauben es, bequeme Orthesen herzustellen, die für die Patient:innen angenehm zu tragen sind und gleichzeitig Halt bieten. Gemeinsam mit Partnern in Wirtschaft und Industrie arbeiten die Aachener Forscher:innen zudem daran, die Prozesse zu standardisieren, um einen möglichst breiten industriellen Einsatz gewährleisten zu können.

Über das Fraunhofer ILT

Das Fraunhofer ILT hat eine Pionierrolle im Bereich der Additiven Fertigung. Im Jahr 1996 wurde das Patent zum metallischen 3D-Laser-Druck (Laser Powder Bed Fusion, LPBF) eingereicht. Die Erfinder des Verfahrens waren Wilhelm Meiners, Kurt Wissenbach und Andres Gasser. „Gestartet sind wir im Prinzip mit meiner halben Stelle“, erzählt Meiners, kaum jemand habe daran geglaubt, dass aus dieser Entwicklung etwas Brauchbares werden könne. Das LPBF-Verfahren bietet die Möglichkeit, komplexe Funktionsbauteile ressourceneffizient und wirtschaftlich herzustellen. Die Fertigungskosten hängen dabei weniger von der Komplexität der Geometrie ab, sondern hauptsächlich vom Volumen des Bauteils. Das Besondere an der Idee damals: auf anwendungs-interessante Werkstoffe zu setzen, wie etwa Cobalt-Chrom-Legierungen für Dentalimplantate, und daran den Prozess anzupassen. Das LPBF-Verfahren findet heute breite industrielle Anwendung beim Turbomaschinen- und Automobilbau, über die Luft- und Raumfahrt, bis hin zur Medizintechnik.