Leichtbau - Strukturentwurf
Die Struktur der SkyCab-Fluggastzelle (PTU) unterscheidet sich deutlich von dem, was aktuelle Flugtaxi-Entwicklungen bieten. Die übergeordnete Zielsetzung ist der menschzentrierte Entwicklungsansatz bei dem die Fluggäste das Zentrum auch der PTU-Struktur bilden. Neben den sehr anspruchsvollen Vorgaben aus der Aerodynamik, ein Leichtbauziel von ca. 180kg für die gesamte PTU-Struktur, dezidierten Masseverteilungsvorgaben sowie hohen Festigkeitsanforderungen aus den Landeszenarien werden durch die SkyCab-Struktur auch zusätzliche Anforderungen aus den einzelnen Crash-Lastfällen sowie den Produktionsanforderungen erfüllt. Damit setzt auch der Strukturentwurf des SkyCabs neue Maßstäbe im Bereich der Flugtaxientwicklung.
Ausgangsbasis der Strukturentwicklung bildet das People-Package-Modell, welches sich an dem ECIE-Package-Standard aus der Fahrzeugindustrie anlehnt. Ein 3D-Menschmodell (Ramsis) sichert die Komfortanforderungen für eine sehr breite Menschpopulation (1,52m große Frau - 1,98m großer Mann) bei gleichzeitig sehr hohen Raumgefühlanforderungen zusätzlich ab. Diese bilden die geometrischen Randbedingungen von innen, während die Exterieur-Designflächen die Randbedingungen von außen definieren (Abb. 1). Der komfortable Einstieg sowie die Beladung des „Luggage-Compartments“ mit bis zu 4 großen Koffern finden ebenfalls Berücksichtigung.
Mit Hilfe des Topologieoptimierers „Inspire“ der Hyperworks-Suite (Altair) und einem sehr komplexen, mechanischen Lastanforderungsprofil wird aus einer Struktuentwurfs-Idee ein erstes Strukturbauraum-Modell in CAD (Catia) erstellt.
Aus dem Strukturbauraum-Modell wird im nächsten Schritt ein CFK-lastiges Strukturkonzept detailliert. Dieser Entwicklungsschritt wird stark von der FEV Vehicle Gmbh sowie dem Forward Engineering GmbH unterstützt. Alle crash-relevanten Verformungsbereiche werden in Aluminium, bzw. auch in Aluminium-Wabenstrukturen ausgeführt. Der crashfeste Strukturbereich der Fluggastzelle sowie die ebenfalls festigkeitsrelevante topologische Verbindung von Fahrwerk zur FPU über die 6 Säulen werden in CFK umgesetzt (Abb. 2).
Für die hochintegrative Bodenstruktur sowie die Dachholme kommen CFK-Sandwichstrukturen im Autoklav-Verfahren zum Einsatz. Die optischen Außenflächen werden als PC/ABS-Thermoforming-Bauteile an die Tragstruktur angebunden und haben keinen strukturellen Beitrag.
Für eine Produktionslosgröße von 1.000 SkyCab-PTU p.a. bei gleichzeitig anspruchsvollen Kostenzielen für Investitionen und Variablen ist ein Montagekonzept umgesetzt (Abb.3). Als Vorbild für den Montageprozess dient die moderne Monocoque-Fertigung im Sportwagenbau.
Als zentrales Fügeverfahren kommt PU-Klebung zum Einsatz. Ein Automatisierungsgrad von ca. 25% sowie eine Montagedauer von ca. 3 Std. werden durch den Prozess abgebildet.
Innovativer Entwicklungsprozess der PTU
Für die zielgerichtete Entwicklung des Strukturentwurfs kam neben dem eher „klassischen“, digitalen Entwicklungsprozess (Level 1) ein neuartiger Virtual-Reality-Data-Creation-Prozess (Level 2) für die Aluminium-Front-Struktur zum Einsatz.
Der Level 1 Entwicklungsprozess (Abb. 4) setzt neben Handskizzen auf die komplette Abbildung der PTU in einem Schnittebuch. In den einzelnen Schnitten werden zuerst alle konzeptrelevanten Konstruktionselemente und Package- & Design-Vorgaben in maßstäblichen Handskizzen realisiert. Nach Freigabe der Handskizzen werden die Schnitte als 2D-CAD-Daten weiterentwickelt und in einem digitalen Schnittebuch zusammengefasst. Dieses bildet dann die Ausgangsbasis für die anschließende 3D-CAD-Modellerstellung in Catia.
Level 2: In einem neuartigen VR-PC (Virtuell Reality Product data Creation Process) wird die komplette Frontrahmen-Konstruktion im virtuellen 3D-Raum entworfen. Ausgangsbasis für diesen Prozess sind 3D- und 2D-Handskizzen (Abb.5). Die Umsetzung ist mit einem modernen VR-System sowie der Software „Gravity Sketch“ erfolgt. Auch wenn dieser Prozess für die Design-Entwicklung bereits sehr gut geeignet ist, lassen sich aktuell noch deutliche Grenzen bei technischen Konstruktionen erkennen. In jedem Fall hat der hier entwickelte VR-PC schon einmal einen sehr guten Einblick in die Konstruktion der Zukunft geben können.
Röth, Thilo, Prof. Dr.-Ing.
Lehrgebiet: Karosserietechnik© FH Aachen
Institute - European Center for Sustainable Mobility (ECSM)
Lehrgebiet
KarosserietechnikRaum 00205
52064 Aachen