In unserer Reihe "Auszeit" erzählen wir, was unsere Studierenden interessiert und begeistert sowie was sie tun, wenn sie nicht studieren. Heute mit einer Auszeit auf See.
Kiel, München, Porto Cervo – überall hier segelte FH- -Student Kolja Paus. Der Student des Fachbereichs Elektrotechnik und Informationstechnik nahm hier mit seinem Team an der Deutschen Segelbundesliga und sogar an der Sailing Championsleague teil. Ein sportlicher Erfolg für den gebürtigen Westfalen, der an der FH Media and Communications for Digital Business (MCD) studiert. In unserer Reihe „Auszeit“ nimmt er uns mit seinem Bericht mit auf Wellengang. Lest mehr über Kolja Paus‘ Abenteuer:
Die Deutsche Segelbundesliga wurde 2016 gegründet und war der Beginn für die heutige weltweite Ausübung des in diesem Format stattfindenden Segelwettkampfs.
Gesegelt wird im Fleet Race mit jeweils sechs baugleichen, von der Liga gestellten Booten (J70). Dies gewährleistet gleiche Bedingungen für jedes der vierköpfigen Teams.
Insgesamt gibt es 36 Segelvereine, die in zwei Ligen aufgeteilt werden. Da immer nur sechs Boote gegeneinander fahren, wird ein Flight-Race-Prinzip angewandt. Pro Flight gibt es drei Rennen. Dies bedeutet auch, dass die Punkteverteilung auch nach 16 Rennen noch extrem eng ist, was jeden Fehler fatal macht. Generell entscheidet in der Bundesliga jedes kleinste Detail über Sieg oder Niederlage. Häufig entscheidet sich innerhalb von Sekunden, wer auf der Ziellinie vorne und wer hinten liegt. Insgesamt gibt es für die zweite Bundesliga fünf Spieltage (ein Spieltag umfasst drei Tage) und für die erste Bundesliga sechs Spieltage.
Wer in der Segelbundesliga teilnehmen will, muss sich in der Relegation, dem Deutschen Segel Liga Pokal, beweisen. Dort treten zwölf Newcomer-Vereine und vier Absteiger aus der zweiten Liga gegeneinander an. Es qualifizieren sich am Ende nur die besten vier aus 16. Außerdem nehmen die jeweils Top 2 der 1. und 2. Liga sowie der Junioren-Segel-Liga teil und fechten den DSL-Pokal aus. Im Jahr 2018 ist das Team zu diesem Event angetreten. Damals wurden sie Fünfter und damit bester Neueinsteiger in der 2. Segelbundesliga 2019.
Mittlerweile hat sich dieses Format (6 Boote, 18 Teams, 16 Rennen für jedes Team) weltweit durchgesetzt. Daher gibt es die Sailing-Champions-League. Dort dürfen nur die jeweiligen Top 5 der ersten Liga jedes Landes antreten sowie der Sieger der Asia-Pacific-Sailing-Champions-League.
Die Champions-League läuft nach demselben Prinzip: Gleiches Format, gleiche Boote. Der einzige Unterschied ist, dass hier mit mehr Teams angetreten und mit acht Booten gleichzeitig gesegelt wird (ein Flight = 4 Rennen in der CL x 8 Boote= 32 Teilnehmende Teams).
Starnberger See: Qualifikation für Champions-League-Finale
Das Unglaubliche ist eingetreten – Kolja Paus qualifiziert sich mit dem Yachtclub (BOH-YC) erstmals in der Bocholter Stadtgeschichte für das Finale einer Champions-League.
Das Team vom BOH-YC hat sich mit dem 7. Rang im Champions League Halbfinale auf dem Starnberger See vor Tutzing für das Sailing-Champions-League Finale in Porto Cervo (15. - 18. Okt.) vor Sardinien qualifiziert. In Tutzing traten 23 Vereine an, wobei die zwölf Besten in das Finale einziehen.
Zu diesem Sieg sagt Thorsten Willemsen (Steuermann des Teams): "Es sind unglaubliche Momente, wenn man nach so einer Aufholjagd mit dem allerletzten Manöver auf der Ziellinie noch den Favoriten schlägt und das Rennen damit gewinnt." Und Stefan Sundarp fügt augenzwinkernd hinzu: "Die ironische Ansage unseres Coaches nach dem letzten Platz im ersten Rennen am Donnerstag, den Abstand nach oben nicht zu groß werden zu lassen, hatten wir wohl falsch verstanden."
Mit Coach Peter Wanders steht dem Team natürlich auch ein erfahrener Stratege und Motivator zur Seite, dem es gelingt, jederzeit Fehler klar anzusprechen und dennoch niemals Druck aufkommen zu lassen.
"Natürlich müssen wir auch realistisch sein, diese Wetter- und Windbedingungen liegen uns. Drehende leichte Winde kennen wir als Westverein nur zu gut. Ist halt auch ein bisschen Aasee-Wetter", sagt Kolja Paus und grinst schon wieder.
Porto Cervo: Finale Sailing Champions-League und Highlight der Saison
Der Bocholter Yachtclub schrieb an diesem Wochenende Stadtgeschichte mit der erstmaligen Teilnahme eines Bocholter Sport Vereins an einem Champions-League-Finale. Und mit dem 24. Platz lässt das Bundesligateam des Bocholter Yachtclub sogar noch Topteams der ersten Ligen Europas hinter sich. Champions-League-Sieger wurde das deutsche Team vom Segel- und Motorbootclub Überlingen vor Aeronautica Militare (Italien) und der Seglervereinigung Kreutzlingen (Schweiz). Insgesamt nahmen 27 Crews aus 13 Nationen teil.
Aber auch wenn die Euphorie entsprechend hoch war, so schätzte das Team das Leistungsniveau bei diesem Finale der Meister sehr realistisch ein. So sagte Johannes Rösing vor der ersten Wettfahrt: "Wir haben keine großen Erwartungen. Angesichts der Konkurrenz sind wir die absoluten Underdogs! Aber hier können wir von den Topteams unglaublich viel lernen."
In Porto Cervo erwartet das Team vier Tage Segelwettkampf auf Weltklasse-Niveau. Insgesamt 14 Wettfahrten in Bundesliga Format wurden gesegelt. Besonders stolz sind die Bocholter Jungs auf Wettfahrt 4. Dieses Rennen konnten wir sogar auf der Ziellinie mit einer Sekunde Vorsprung gewinnen und schlagen dabei sogar den neuen Deutschen Meister NRV. Ein großer Erfolg für das "Underdog"-Team.
"Wir haben alles erreicht, was wir wollten. Wir haben in einer der schönsten Segelregionen der Welt an einer Top-Regatta teilgenommen, und hätte man uns vorher gesagt, dass wir hier ein Rennen in der absoluten Königsklasse gewinnen und auch noch unser internes Ziel erreichen, mindestens eine deutsche Mannschaft hinter uns zu halten, wir hätten das sofort unterschrieben!" schwärmt Kolja Paus. So wollen wir uns auf die nächste Saison vorbereiten und diesmal nach vorne angreifen.
Was vor der Champions-League im Sommer in Kiel geschah: Die Segelbundesliga startet
Den Saisonauftakt der Bundesligasaison 2020 hatten sich viele wohl anders vorgestellt. Er war die erste professionelle Segelveranstaltung seit der Coronapause in Kiel und gilt als Test und Wegbereiter für weitere Segelevents in dieser Saison.
Maskenpflicht auf den Stegen und auf den Shuttlebooten, kein Abendprogramm und auch so nur wenig soziales Miteinander. Gekennzeichnete Laufwege und Aufenthaltspunkte, auch im Hafen, wo sich sonst die Teams in den Pausen austauschen, mussten alle in ihren eigenen Teamgruppen bleiben, damit die Kontakte gering blieben. Zu Anfang des Jahres stand die Segelbundesliga aufgrund der Coronapandemie bereits ganz auf der Kippe. Lange war nicht klar, ob und wie ein Spieltag stattfinden könnte. Dennoch: Am 17. Juli ist es endlich so weit. Der erste Spieltag in der Sailing City Kiel darf unter besonderen Hygienevorschriften auf dem Olympiahafen Kiel Schilksee stattfinden.
Der erste Tag beginnt mit Leichtwind und 25 Grad im Schatten. Die Windverhältnisse sind ebenfalls sehr angenehm, aber dennoch aufgrund von drehenden und teils böigen und thermischen Winden fordernd. Bereits im Winter trainierten wir stetig, sodass die Kontakteinschränkungen nur das Frühjahrstraining zunichte machten. Das Resultat war deutlich. Nach dem ersten Tag liegt das Team des Bocholter Yachtclubs, bestehend aus Thorsten Willemsen, Tom Block, Johannes Rösing und Kolja Paus, mit den Rennergebnissen (2/5/5/1/1/5) auf dem sechsten Rang. "Ein erfolgreicher erster Tag", so Thorsten Willemsen. Tom Block fügte hinzu: "Morgen versuchen wir, die Fünfer auszumerzen und dafür zweite und dritte Plätze zu belegen."
Gesagt, getan: Am Samstag läuft bei herrlichen Segelbedingungen (25 Grad und 6-11 Knoten Wind) beinahe alles perfekt. Die Rennserie bringt uns nach dem zweiten Tag auf den Gesamtrang drei. "Das Analysieren der Fehler vom gestrigen Tag hat seine Wirkung nicht verfehlt. Heute konnten wir die Fehler von gestern vermeiden und unsere Taktik fahren, insgesamt sind wir konservativer und manchmal mehr auf Sicherheit gefahren, anstatt für eine kleine Chance ein großes Risiko einzugehen. Das Ergebnis spricht für sich", resümiert Kolja Paus am Ende des zweiten Tages.
Am Sonntag liegt das Knistern in der Luft. Die Punktabstände der ersten zehn Teams sind gering. Die ansteigende Nervosität und die schwindenden Kräfte führen zu einem miserablen ersten Rennen für den Bocholter Yachtclub. Protest, Kringeln und am Ende dann auch noch fette sieben Punkte für einen Frühstart (OCS). Ein schlechter Start für den letzten Tag des ersten Spieltages. Nun gilt es, neue Motivation zu schöpfen. Johannes Rösing findet die passenden Worte: "Ein Frühstart kann schon mal passieren. Ab jetzt knüpfen wir aber wieder an die Leistung von gestern an." Die Ansage scheint Wirkung zu zeigen. Die nächsten beiden Rennen fährt das Team zwei gesicherte dritte Plätze ein. Nun wird es nochmal richtig spannend. Es ist noch fast alles drin. Hop oder Top, so eng sind die Punktverteilungen von den Podiumsplätzen bis zum Tabellenelften. Dahinter tut sich bereits eine größere Lücke auf. Leider soll es im vorletzten Rennen wieder nicht ideal laufen. Ein schlechter Start und zu geringer Bootsspeed führen zu einem nicht zufriedenstellenden fünften Platz.
Abhaken, weiter, das letzte Rennen fängt gut an. Die Taktik in der Vorstartphase funktioniert, das Ergebnis: ein dominanter Start in idealer "Lee Position". Aus irgendeinem Grund kann das Team aber diesen erarbeiteten Vorteil nicht in einen Gewinn ummünzen. Der im Vergleich zu den anderen Teams sonst sehr gute Bootsspeed, der die Bocholter in der Regel auszeichnet, will sich am Sonntag einfach nicht mehr einstellen. Stattdessen erreicht das Team die erste Wendemarke an sechster Stelle. Am Ende wird es Rang 5. Diese schlechte Tagesserie wirft das Team auf den siebten Gesamtrang zurück. Zunächst eine Enttäuschung, nachdem man am Samstagabend nach 11 von 18 Rennen noch auf dem dritten Rang gelegen hatte.
Realistisch betrachtet, insbesondere im Vergleich mit der Vorsaison ist es jedoch ein guter Einstand in die frische Saison (in der letzten Saison startete der Bocholter Yachtclub mit Rang 12 in die Saison). Zumal die Bocholter mit dem siebten Rang in Kiel der beste NRW-Verein in der Tabelle der zweiten Liga sind. Später auf der Rückfahrt von Kiel, findet Thorsten Willemsen die richtigen Worte: "Wir haben gezeigt, was wir können. Verglichen mit der letzten Saison können wir sehr zufrieden mit dem siebten Platz sein. Vor allem der Samstag verdeutlicht, dass wenn wir unsere Taktik verbessern und Fehler ausmerzen, wir ganz vorne mitspielen können. Es gibt aber auch noch einige Baustellen, an denen wir arbeiten müssen. Und hätte uns vorher jemand gesagt, dass wir in diesem Jahr mit Rang Sieben die Saison begingen, wir hätten es wahrscheinlich gerne angenommen!"