Details

FH-Forscher:innen entwickeln Landeplattform für UAV

Das Team hat eine Landeplattform konstruiert, die über einen Roboterarm mit spezialisiertem Greifer verfügt

Für Fluggeräte aller Art stellt eine sichere und sanfte Landung die größte Herausforderung dar. Das gilt erst recht, wenn sensible Fracht an Bord ist. Und es gilt umso mehr, wenn das Fluggerät autonom fliegen soll … Vorhang auf für EULE!

Ziel ist der Transport medizinischer Güter

Im Labor von Prof. Dr. Philipp Hartmann am Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik arbeiten Vincent Konnow, Jannes Terlau und Lukas Hildebrand daran, eine Basisstation zu entwickeln, mit deren Hilfe ein unbemanntes Fluggerät (unmanned aerial vehicle, UAV) zum Transport von medizinischen Gütern sicher starten und landen kann. EULE steht für "Europäische UAV-unterstützte Transport-Lösungen für Medizinische Güter", es handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt von sieben Institutionen und Unternehmen, unter ihnen die FH Aachen.

Millimetergenau in die richtige Position bringen

"Für uns ist der Fangprozess die größte technische Herausforderung", sagt Prof. Hartmann. Das Team hat eine Landeplattform konstruiert, die über einen Roboterarm mit spezialisiertem Greifer verfügt. Mit kamerabasierter Sensortechnologie werden Position und Lage des zur Landung ansetzenden UAV ermittelt, sodass der Roboterarm millimetergenau in die richtige Position gebracht werden kann um "zuzuschnappen".

 

Datenfusion in Echtzeit

Vincent Konnow erklärt: "Am UAV sind zehn kleine Kugeln befestigt, die Infrarotlicht reflektieren." Die sogenannten Marker befinden sich an der Unterseite des Rumpfes. Vier Kameras in der Umgebung der Landezone strahlen Infrarotimpulse aus, die reflektierten Signale werden ausgewertet und so eine exakte Ausrichtung des Fluggeräts errechnet. Zusätzlich werden Daten zu Lage und Beschleunigung des UAV in Echtzeit übertragen und mit den Kameradaten fusioniert. "Wir haben das Problem, dass der Roboterarm mit einer Latenzzeit von 90 Millisekunden auf Steuerbefehle reagiert", erläutert Vincent Konnow. Das System muss also die Bewegung des Fluggeräts vorausberechnen, um eine sichere Landung zu ermöglichen.

"Ersatz-UAV" im Labor

Im Labor an der Hohenstaufenallee demonstrieren Philipp Hartmann und seine Mitarbeiter, wie sie das System entwickelt haben. Die Basisstation steht in der Mitte des Raumes, die vier Infrarotkameras sind rundum an der Wand befestigt. Die Rolle des Fluggeräts übernimmt ein mit Sensoren ausgestatteter Dummy aus schwarzem Kunststoff, der an einer Art Seilzug über der Station hängt. Über die Kabel und Rollen können die Wissenschaftler den Dummy in der Luft bewegen. Auch am "Ersatz-UAV" sind Marker befestigt, an einem Monitor verfolgt das Team, wie das System das Flugobjekt lokalisiert und den Roboterarm entsprechend bewegt. Wenn die Bedingungen für einen sicheren Fangprozess erfüllt sind, schnappt der Greifer zu.

Modellprädikative Regelung

Die entsprechenden Module zur Mess- und Regelungstechnik sind in den Bachelor- und Masterstudiengängen des Fachbereichs verankert. "Im Kern geht es um mathematische Modelle, die für eine sogenannte modellprädikative Regelung und für die Verarbeitung verschiedenster Sensordaten genutzt werden", erläutert Prof. Hartmann. Die Algorithmen zur Regelung und Sensordatenfusion nutzen die physikalischen Gesetzmäßigkeiten des Roboters und des Fliegers, um ein optimales Systemverhalten zu definieren und schließlich durch den Roboter praktisch umzusetzen.

Station soll weiterentwickelt werden

Für die FH-Wissenschaftler ist das EULE-Projekt mit der erfolgreichen Entwicklung der Basisstation weitgehend abgeschlossen. Das Interesse an einer Weiterentwicklung der Station und der zugrundeliegenden Mess- und Regelungstechnik ist aber groß, unter anderem geht es um die Verwendung alternativer Sensoren zur Lokalisierung sowie um weitere Einsatzzwecke.

Über das EULE-Projekt

Zum Einsatz kommen soll das EULE-System, um medizinische Güter wie Arzneimittel, Blut- und Gewebeproben schnell und sicher über kurze und mittlere Strecken zu transportieren. So können beispielsweise die Erfolgschancen von Operationen verbessert werden, wenn – viel schneller als heute mit Bodenfahrzeugen üblich – schon während der OP Gewebeproben analysiert werden können. Mitarbeitende von Krankenhäusern, Arztpraxen und Unternehmen sollen in der Lage sein, das System per Tablet zu steuern und an der Bodenstation die Ladung einzusetzen und zu entnehmen.

EULE ist ein Gemeinschaftsprojekt von flyXdrive GmbH, Docs in Clouds TeleCare GmbH, Stadt Aachen, Droniq GmbH, Institut für Flugsystemdynamik der RWTH Aachen, Uniklinik RWTH Aachen, Vodafone GmbH und der FH Aachen. Die Projektpartner erarbeiten die technischen, operativen, regulatorischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen für einen sicheren und effizienten Betrieb. Betrachtet werden die Anforderungen an die medizinischen Logistikprozesse, der Prozess der automatischen Be- und Entladung der Flugsysteme, die ständige Erreichbarkeit des Fluggeräts sowie natürlich der sichere Flugbetrieb selbst und die Integration in den Luftraum. Bei dem Fluggerät handelt es sich um einen sogenannten Kippflügler, der senkrecht starten und landen kann und anschließend durch das Kippen der Tragflächen zusätzlich einen hoch-effizienten Flächenflug erreichen kann. Das während des Projektes konzipierte Logistiksystem für den UAV-gestützten Transport wird im mehrwöchigen Realbetrieb auf ausgesuchten Routen getestet. Im April 2025 ist eine große Demonstration des Systems geplant.

Das Projekt wird im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert.