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Bühne frei für den neuen Solarrennwagen

Team Sonnenwagen präsentiert "Covestro Adelie"

Mit einer großen Show hat das studentische Team Sonnenwagen sein neues Solarrennauto präsentiert: Der Renner hört auf den Namen Covestro Adelie, bei der World Solar Challenge im Oktober in Australien will das Team den inoffiziellen Weltmeistertitel holen. Adelie ist das Ergebnis von 18 Monaten harter Arbeit – wir haben das Team begleitet.

Ziel ist die World Solar Challenge in Australien

Es hört sich so einfach an: Das Team Sonnenwagen Aachen baut seinen eigenen Rennwagen. Wer die Crew in der Werkstatt besucht, merkt schnell, dass hinter diesem Satz ganz viele Geschichten stecken – von Hochtechnologie und Enthusiasmus, von Teamwork und aufwendiger Arbeit an kleinsten Details, aber auch von viel Geduld.

Der Rahmen ist einfach zu beschreiben: Die Aachener Studierenden wollen an der World Solar Challenge in Australien teilnehmen, ein Autorennen mit einer Strecke von mehr als 3000 Kilometern Länge, ausgetragen auf öffentlichen Straßen. Die teilnehmenden Fahrzeuge tanken nur die Kraft der Sonne, am Start sind Teams von Hochschulen aus aller Welt.

Bei der Entwicklung und dem Bau des Autos müssen die Teilnehmenden einen Drahtseilakt vollführen – auf der einen Seite zählt jedes Gramm Gewicht, das eingespart wird, und jedes Prozent an Effizienz, auf der anderen Seite muss der Rennwagen den unwirtlichen Bedingungen in der Wüste Australiens trotzen, muss robust und einfach zu warten sein.

Das Aachener Team Sonnenwagen nimmt 2023 zum dritten Mal an dem Wettbewerb teil. Der Student Clemens Odendahl ist seit 2020 dabei, er erklärt: "Wir haben über die Jahre eine gute Wissensbasis aufgebaut. Die Erfahrungen der letzten Jahre sind von Beginn an in die Entwicklung des neuen Fahrzeugs eingeflossen." 50 Studierende von RWTH Aachen und FH Aachen zählt das Team, die Führungspositionen werden von erfahrenen Mitgliedern bekleidet. Sie sorgen dafür, dass der Wissenstransfer an die nachrückenden Studierenden gewährleistet ist. Teamgeist ist für Sonnenwagen ein entscheidender Erfolgsfaktor - während der heißen Produktionsphase sind die Studierenden mehr als 50 Stunden pro Woche in den Werkstätten aktiv.

Die Karosserie wiegt gerade 40 Kilogramm

Der Begriff „heiße Phase“ ist dabei durchaus wörtlich zu verstehen. Das Team „backt“ die Carbonteile für das Fahrzeug selbst. Der Prozess ist aufwendig: Zuerst wird ein dreidimensionales Modell des Autos am Rechner erstellt. Anschließend werden Polyurethanblöcke mit einer CNC-Fräse zurechtgeschnitten, die gewissermaßen als Formwerkzeuge fungieren. Auf diese Kunststoffelemente werden mehrere Schichten Carbonfasern gelegt, die mit Harz getränkt und dann für rund zehn Stunden bei 50 Grad Celsius in den Ofen kommen. Auf diese Weise entsteht ein „Negativ“, das dann wiederum als Form für die finalen Carbonteile dient, die bei rund 120 Grad Celsius in einem Autoklav gefertigt werden. Dabei muss jede Kante, jedes Bohrloch exakt an der richtigen Stelle sitzen, damit das Auto am Ende eine optimale Leistung abliefert. Am Ende wiegt die gesamte Karosserie des Rennwagens gerade einmal 40 Kilogramm.

Auch die Innereien des Sonnenwagens werden zum größten Teil vom Team selbst gefertigt, nur in Ausnahmefällen können sie auf Teile aus der Großserie zurückgreifen. "Wir haben einen eigenen Batterieprüfstand, mit dem wir die einzelnen Module testen. Die besten wählen wir aus und verbauen sie in unserem Auto", erzählt Clemens. Auch der Elektromotor wird vom Team selbst entwickelt und gebaut. Er verfügt über 10 Kilowatt Leistung und beschleunigt den Renner auf bis zu 120 Kilometer pro Stunde.

Wenn alle Komponenten gefertigt und der Wagen zusammengebaut ist, geht es ans Testen. Das Team dreht viele Runden auf der Strecke des Instituts für Kraftfahrzeuge (IKA) der RWTH Aachen in Melaten, wobei die Bedingungen in Aachens Westen natürlich nicht mit denen im Herzen Australiens, in der endlos scheinenden Wüste zwischen Darwin, Alice Springs und Adelaide vergleichbar sind. Und so gehört neben Teamwork und Enthusiasmus auch eine weitere Eigenschaft zum Sonnenwagenalltag dazu – Geduld. Erst wenn der Rennwagen die ersten Kilometer auf Australiens Straßen zurückgelegt hat, wenn die Vergleichszeiten der Mitbewerber vorliegen, wissen die Teammitglieder, ob sich die harte Arbeit auch in einer Topplatzierung niederschlägt.

FH-Studierende gesucht!

Nach dem Rennen ist vor dem Rennen: Zwei Jahre beträgt der Entwicklungszyklus des Teams Sonnenwagen. Die Ergebnisse und Erkenntnisse des Wettbewerbs fließen unmittelbar in Planung und Entwicklung der folgenden Autogeneration ein. Die nächste Auflage der World Solar Challenge steigt im Oktober 2023, das Team Sonnenwagen geht mit der berechtigten Hoffnung an den Start, in der Spitzengruppe zu landen. Im Anschluss wird das Team neu zusammengesetzt, gesucht werden engagierte Studierende aus den Bereichen Maschinenbau, Werkstoffkunde, Elektrotechnik und Aerodynamik, aber auch Wirtschaftswissenschaften und Gestaltung. "Wir freuen uns, wenn wir verstärkt FH-Studierende für unser Team gewinnen können", sagt Clemens Odendahl.